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January 15, 2024
Hi Zooliners,
2023 war ein bemerkenswert großes Filmjahr.
Als das Jahr begann, kämpfte die Branche noch mit ihrem Post-Covid-Kater und den dadurch bedingten Stillständen und Verzögerungen. Studios und Kinos machten sich Sorgen über die geringen Zuschauerzahlen des Vorjahres. Dann kam die US-Filmindustrie zum Erliegen, gelähmt durch einen insgesamt 148 Tage andauernden Autorenstreik, dem sich SAG-AFTRA mit einem 118 Tage andauernden Streik anschloss. All dies hätte einen großen Einschnitt für die Branche bedeuten können. Doch weit gefehlt: 2023 sahen wir einige der schönsten und einzigartigsten Filme der letzten Jahre und erlebten einen Zuschauerandrang bei den großen Blockbustern, der im Vorjahr noch undenkbar schien. Während einige – enorm langweilige – Superheldenfilme beim Publikum durchfielen, hatte es trotzdem Bock, ins Kino zu gehen, um dort einzigartige Filme von einigen der kühnsten Regisseurinnen und Regisseuren der Branche zu sehen. Ein herrlich ermutigendes Zeichen für die Zukunft des Kinos!
Also, das Jahr 2023 war reich an ausgezeichneten Filmen – aber es gab einige, die uns noch mehr als andere überzeugten, und unsere ganz persönliche Top 12 kommt jetzt. (Beachtet bei unserer Liste bitte, dass wir uns am deutschen Veröffentlichungskalender orientiert haben.)
Greta Gerwigs Barbie war der Überraschungserfolg (oder besser Nichtüberraschungserfolg) des Jahres. Der Film zeigte den großen (männerdominierten) Filmstudios, dass eine Regisseurin einen Milliardenhit landen kann. Der Film eroberte alle in- und außerhalb der Filmszene im Sturm – humorvoll, opulent, ein wenig albern und überraschend herzlich. Barbie zeugt von Gerwigs Kraft als Filmemacherin und Margot Robbies zeitlosem Charme – und unterstreicht einmal mehr das große Vergnügen, das Ryan Gosling uns bereitet. Die Kameraführung und Produktion sind hervorragend und es ist großartig, im Kino wieder schallend lachen zu können. Kens Entdeckung des Patriarchats ist eine der besten komödiantischen Sequenzen des modernen Films. Wir würden an dieser Stelle gerne sagen: Unbedingt anschauen! Aber ganz ehrlich: Wahrscheinlich habt ihr das bereits getan.
Ein weiteres Meisterwerk für die Ewigkeit vom geliebten und bewunderten Filmemacher Miyazaki. Der Mann ist wahrlich nicht mehr neu, dennoch erinnert die Kreativität von Der Junge und der Reiher an die größten Filme des Regisseurs wie Prinzessin Mononoke und Das wandelnde Schloss. Wenn dies wirklich Miyazakis letztes auf Film gebanntes Wort ist, dann ist es ein der Legende würdiger Abschluss. Nachdem er seine Mutter während des Krieges verloren hat, zieht der junge Mahito auf das ländliche Anwesen seiner Familie. Dort führen ihn eine Reihe mysteriöser Ereignisse zu einem abgelegenen, alten Turm, in dem ein schelmischer grauer Reiher lebt. Die Musik ist sensationell, die Animation sucht ihresgleichen, die Besetzung für die japanischen und englisch synchronisierten Versionen ist hervorragend – ein perfektes Filmpaket. Schaut es euch an und verliebt euch!
Tina Satter ist eine der talentiertesten Künstlerinnen unserer Zeit, daher sollte es wohl nicht allzu überraschen, dass auch ihr erster eigener Film bemerkenswert ist. Der dicht erzählte Film basiert auf dem FBI-Verhörprotokoll der amerikanischen Whistleblowerin Reality Winner – das zuweilen auch auf dem Bildschirm erscheint. Es ist nicht nur die vermutlich beste bisherige Leistung von Sydney Sweeney, sondern ein beunruhigend verstörendes und wunderschön gemachtes Kammerspiel. Der Film hält sich strikt an die tatsächliche Aufnahme, die das FBI an dem Tag machte, als Reality Winner ihre Freiheit verlor, und er ist eine eindeutige Anklage der prekären Zeiten, in denen wir leben. Die Männer, die in Realitys Haus eintreten, sind nicht an der Wahrheit interessiert – für sie geht es um Vergeltung. Es ist zutiefst beunruhigend, zu sehen, wie sie in das Haus von Reality eindringen, sie dort festhalten und ihr langsam alles nehmen. Ein ausgezeichnetes HBO-Drama.
Ein Blockbuster wie kein anderer – und der Beweis, dass das Publikum in Scharen für ein straffes, anspruchsvolles Drama anstelle eines langweiligen Superheldenfilms erscheint. Oppenheimer ist zweifelsohne einer der besten Filme des Jahres. Ein fesselndes Gerichtsdrama, das Jahrzehnte umspannt und mit dem Christopher Nolan Bemerkenswertes gelingt. Sogkraft bekommt das Ganze insbesondere durch Cillian Murphy, der hier die komplexeste, nuancierteste und kraftvollste Leistung des Jahres abliefert. Auch die Nebenbesetzung ist atemberaubend, mit Robert Downey Jr. als Salieri für Murphys Oppenheimer. Der Film selbst ist lang und herausfordernd, aber die Szene des Atomtests ist ohne Frage einer der größten Filmmomente des Jahres.
3,5 Stunden mögen noch den enthusiastischsten Kinoliebhaber schrecken, aber in den Händen von Großmeister Scorsese sind wir alle gut aufgehoben. Martin Scorseses Killers of the Flower Moon ist ein unerbittlicher und zutiefst beunruhigender Film. Die Erzählung der Morde am Osage-Stamm nach der Entdeckung von Öl auf ihrem Land ist der gewalttätigste Scorsese, den wir bis hierhin sahen. Die abscheuliche Gewalt, die den Osage zugefügt wird, ist umso erschreckender, weil sie real war. Es ist eine kraftvolle Reflexion über die blutige Geschichte Amerikas und eine dringende Warnung an uns alle, die Lehren der Vergangenheit zu beachten. Man könnte denken, dass die herausragenden Leistungen von Leonardo DiCaprio und Robert De Niro in einem Scorsese-Film am fesselndsten wären, aber Lily Gladstones Darstellung der Mollie Burkhart ist das Herz dieses amerikanischen Epos.
Die besten Filme des Jahres hatten einige herzzerreißende Momente, aber nichts war so ergreifend wie Andrew Haighs All of Us Strangers. Mit zwei der besten irischen Schauspieler, Andrew Scott und Paul Mescal, ist dieses romantische Fantasy-Drama ein wirklich einzigartiges Spektakel. Der Film erforscht die einsame Verbindung zweier Männer, die im selben, nahezu leeren Hochhausblock im zeitgenössischen London leben – eine intensive Auseinandersetzung mit großer Trauer, und das durch eine fantastische Linse. Adam (Andrew Scott) hat den Verlust seiner Eltern zu verkraften, die bei einem Autounfall ums Leben kamen. Als er jedoch in die Vorstadt zurückkehrt, in der er aufgewachsen ist, müssen wir feststellen, dass er seinen Eltern 30 Jahre in der Vergangenheit begegnet. Andrew Haigh ist berühmt für seine geerdete, schöne Arbeit (Weekend und 45 Years sind einfach himmlisch), aber ihn eine Liebesgeschichte mit geisterhaften Elementen handhaben zu sehen, ist wirklich etwas Besonderes. Legt euch Taschentücher bereit!
So sieht selbstbewusstes Filmemachen aus! Ein Gerichtsverfahren, das es schafft, gleichzeitig in verschiedenen Genres zu punkten. Justine Triets Anatomie eines Falls – Gewinner der begehrten Palme d’Or – folgt den Nachwirkungen eines vermuteten Mordes. In einem abgelegenen Bergchalet in der Nähe von Grenoble wird der Ehemann von Sandra Voyter tot im Schnee von ihrem sehbehinderten Sohn entdeckt. Es ist unklar, ob es sich um einen Selbstmord, einen Unfall oder tatsächlich um Mord handelt. So entfaltet sich ein langwieriges Gerichtsdrama, in dem jeder Aspekt von Sandras Beziehung zu ihrem Ehemann unter die Lupe genommen wird. Das vielleicht beste Drehbuch 2023, mit einer absolut fesselnden Sandra Hüller und einer Reihe nicht minder fesselnder Drehungen und Wendungen. Ein vielschichtiges Drama, das gesehen werden muss.
Eine fesselnde Tour-de-Force des isländischen Filmemachers Hlynur Pálmason – Godland ist wie kein anderer Film in 2023. Angesiedelt am Ende des 19. Jahrhunderts, wird Lucas, ein junger lutherisch-dänischer Priester, in einen abgelegenen Teil Islands geschickt, um die Errichtung einer neuen Pfarrkirche zu überwachen – damals ein Territorium Dänemarks. Eine gewaltige Reise durch unbarmherzige Landschaften entfaltet sich, in der Lucas’ Entschlossenheit und Realitätssinn herausgefordert werden. Er ist ein arroganter Mann Gottes, blind für den Hass, den seine koloniale Präsenz hervorruft. Die Untersuchung des Glaubens und der Zusammenprall der Kulturen sind die zentrale Kraft dieses packenden Dramas, und es wird mit einem visuellen Stil erzählt, der in 2023 unübertroffen ist. Godland ist eine fesselnde Reise ins Herz der kolonialen Dunkelheit – eine, in der die erschreckende Kraft und die fesselnde Majestät der natürlichen Welt im Mittelpunkt stehen.
Yorgos Lanthimos ist zweifellos eine der aufregendsten Stimmen des heutigen Kinos, und dies ist die außergewöhnlichste Ergänzung zu seiner Filmografie seit The Lobster (oder vielleicht sogar Dogtooth). Es ist die Geschichte von Bella, einer Frankenstein-artigen Kreation mit dem Geist eines Babys und dem Körper einer Frau. Atemberaubend erkundet der Film, was es bedeutet, ein Mensch zu sein – und all die Eigenarten, Freuden und Exzentrik, die damit einhergehen. Ein unerschütterlich kreativer und tiefgründig lustiger Film, mit zwei der besten Leistungen des Jahres von Emma Stone und Mark Ruffalo – und eine überraschend emotionale Reise, erzählt mit dem exzentrischsten visuellen Flair, den man so lange nicht gesehen hat. Bella ist eine außergewöhnliche Figur in einem außergewöhnlichen Film, und wir erleben diese wilde und wunderbare Welt durch ihre Augen, genauso in Ehrfurcht vor all ihrer Pracht und ihrem Schrecken. Schaut es euch an, damit ihr euch darauf freuen könnt, den Film wieder und wieder zu sehen.
Alice Rohrwachers La Chimera ist ein erstaunliches Filmwunder. Einzigartig clever, ambitioniert, gut gestaltet und geschrieben. Es gibt nichts Vergleichbares. Ein tief bewegendes und lustiges Nachsinnen über unsere Einstellungen zum Leben, zur Liebe und zum Tod, erzählt mit einem Hauch von Magie, der Wahrheiten über Italiens Vergangenheit enthüllt. Jeder hat seine eigene Chimäre, etwas, das er zu erreichen versucht, aber nie findet. Für die fröhlichen Schurken des Films, Diebe antiker Grabbeigaben und archäologischer Wunder, bedeutet die Chimäre die Erlösung von der Arbeit und den Traum vom leichten Reichtum. Für den Star des Films, den wie immer wunderbaren Josh O’Connor, sieht die Chimäre aus wie die Frau, die er verloren hat, Beniamina. Um sie zu finden, stellt seine Figur Arthur das Unsichtbare in Frage, sucht überall und geht sogar in die Erde. Ein einzigartiges Filmjuwel, ganz emblematisch für Rohrwachers einzigartige Stimme und spektakuläre Filmkunst.
Aki Kaurismäkis wunderschön zurückhaltendes Fallen Leaves ist eine Liebesgeschichte für unsere Zeit. Mit trockenem Humor und bemerkenswerten Leistungen von Alma Pöysti und Jussi Vatanen, zaubert der Film in all seinen (perfekten) 81 Minuten ein Lächeln auf unsere Gesichter. Obwohl es im Herzen eine Liebesgeschichte ist, bleibt es einer der überzeugendsten Anti-Kriegsfilme der letzten Jahre. Angesiedelt in einer scheinbar alternativen Realität im Herbst 2024 (Festnetztelefone und Röhrenradios sind allgegenwärtig), zeigen Übertragungen während des gesamten Films die Anfangstage der russischen Invasion in der Ukraine. Und hier, in dieser berührenden Gegenüberstellung, liegt die Kraft dieses finnischen Meisterwerks – die Liebe der Charaktere als trotziger Protest gegen Russlands Angriff auf die Normalität.
Eine wunderschöne Meditation über Liebe, verlorene Leben und die Erfahrung von Einwanderinnen und Einwanderern. Celine Songs Past Lives ist ein meisterhaftes Debüt eines aufregenden neuen Talents. Erzählt mit selbstbewusster Einfachheit, ist die Liebesgeschichte von Nora und Hae Sung eine kraftvolle. In jungen Jahren durch Noras Auswanderung von Südkorea in die USA auseinandergerissen, vereinen sich die beiden Jahrzehnte später für eine schicksalhafte Woche in New York City. Die bescheidenen und einfachen Schauplätze von Past Lives geben dem Film ein Gefühl tiefer Authentizität. Die atemberaubende Leistung von Greta Lee tut ihr Übriges. Es ist ein romantisches Meisterwerk, einfach erzählt und voller Poesie. Es gibt viele Gründe, warum dies unser Film des Jahres ist – zu viele, um sie hier aufzulisten. Aber ihr schuldet es euch, ihn anzuschauen.
Was bleibt uns noch zu sagen, außer: GO WATCH ‘EM.
Und dann wären da noch unsere Honorable Mentions: How to Have Sex, A Thousand and One, Asteroid City, Ich sehe was, was du nicht siehst, Roter Himmel, Anselm – Das Rauschen der Zeit, You Hurt My Feelings, Der Killer, Spider-Man: Across the Spider-Verse und Saltburn.
PLUS einige der Filme, auf die wir uns in 2024 freuen: May December, The Zone of Interest, Dune: Part Two, Joker: Folie à Deux, Furiosa: A Mad Max Saga, Challengers – Rivalen, Nosferatu, Twisters, MaXXXine, Gladiator 2, Mickey 17 und The Lord of the Rings: The War of the Rohirrim.
Ciao Zooliners & ein frohes neues Jahr!